Der BREXIT und die Folgen für die Autoindustrie

Der BREXIT geisterte in den letzten Jahren immer wieder als Schreckgespenst durch die Medien. Dabei war vor allem von wirtschaftlichen Einbußen für alle Beteiligten die Rede. Deutsche Schlüsselindustrien wie die Autoindustrie hatten deshalb schon frühzeitig davor gewarnt, einen No-Deal-BREXIT zuzulassen. Nun ist der BREXIT zumindest offiziell durch, auch wenn sich dank der Übergangsfrist noch nicht allzu viel geändert hat. Doch welche Folgen hätte es für die Autoindustrie, wenn sich die Politik nicht auf ein neues Handelsabkommen einigen könnte?

Großbritannien erteilt dem Euro endgültig eine Absage

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass mit dem BREXIT sämtliche Hoffnungen auf eine Beteiligung Großbritanniens am Euro endgültig begraben sind. Bereits vorher hielten die Briten am Pfund fest, aber nun dürfte klar sein, dass ein kompletter europäischer Wirtschaftsraum sich auf absehbare Zeit nicht realisieren lässt. Doch die Währungsunterschiede sind nicht das vordringlichste Problem, sondern die Wirtschaft hat vielmehr Angst vor neuen bürokratischen und zolltechnischen Hürden. 

Was muss die EU-Autoindustrie fürchten?

Das große Problem der EU-Autoindustrie und insbesondere der deutschen Autobauer besteht darin, dass diese für die hiesige Wirtschaft sehr wichtig sind. In Großbritannien zeigt sich diese Abhängigkeit in deutlich geringerer Ausprägung. So sorgen Einbußen auf dem Kontinent gerade in Deutschland für empfindliche wirtschaftliche Probleme. 

Doch welche Folgen hätte der BREXIT ohne Handelsabkommen genau? Dies zeigt sich vor allem an den folgenden Zusammenhängen:

1. England ist Großkunde bei EU-Fahrzeugen

Laut einer Stellungnahme von 23 Automobilverbänden in der EU nimmt Großbritannien ca. 10% aller innerhalb der EU produzierten Fahrzeuge ab. Sollte es hier zu Störungen kommen, kann dies gerade die deutsche Wirtschaft hart treffen. So könnten beispielsweise Zölle dazu führen, dass sich die EU-Fahrzeuge auf der britischen Insel deutlich verteuern, was den Umsatz wiederum schmälert.

2. Deutsche Autos könnten um bis zu 21% teurer werden

Neben Zöllen von 10% (laut WTO-Regeln) auf Autos und 4,5% auf Autoteile sorgen auch weitere Probleme dafür, dass sich deutsche Autos auf der Insel verteuern. So könnte es zu erheblichen Einschränkungen der grenzüberschreitenden „Just-in-Time“-Lieferkette kommen. Alles in allem würde sich ein Kfz von EU-Autobauern in England um bis zu 21% oder durchschnittlich 5.600 Euro teurer werden. Laut einer Studie aus dem Jahr 2016 könnte ein harter BREXIT den Fahrzeugabsatz auf diesem Weg um ca. 20% senken.

3. Autos könnten auch in Deutschland teurer werden

Durch Störungen in der Lieferkette könnte es zudem auch zu Preissteigerungen für Kfz in Deutschland kommen. Dies würde potenzielle Kunden natürlich treffen, da der Finanzbedarf bei einer Finanzierung plötzlich deutlich steigt. Da die meisten Autos heute per Kredit finanziert werden, müssten Verbraucher sich die einzelnen Angebote noch genauer anschauen. Oft bietet es viele Vorteile, Anbieter für einen Autokredit vergleichen zu können und somit die Zinskosten zu senken. Etwaige Zinseinsparungen wären dann bereits notwendig, um nicht zu stark draufzahlen zu müssen.

Die Folgen für Kunden und Autobauer innerhalb der EU wären bei einem ungeregelten BREXIT ohne nachfolgendes Handelsabkommen also mehr als fatal. Somit dürfte klar sein, warum gerade auch aus der Wirtschaft immer wieder Forderungen nach erfolgreichen Verhandlungen kommen.

Welchen Effekt hätte der ungeregelte BREXIT für die britische Autoindustrie?

Dass Die EU-Autoindustrie durch einen ungeregelten BREXIT stark verlöre, heißt jedoch nicht, dass die Briten der große Gewinner wären. Auch könnten die britischen Autobauer zum Teil empfindliche Rückschläge treffen, zumal die Industrie aktuell sowieso nicht gerade auf Rosen gebettet ist. 

Die konkreten Folgen im Überblick:

1. Ausländische Autobauer verlassen die Insel

Es gibt bereits verschiedene Pläne von ausländischen Autoherstellern, Großbritannien den Rücken zu kehren. So wird Honda beispielsweise sein Werk im britischen Swindon 2021 schließen und 3.500 Arbeitsplätze in der Region streichen. Auch Ford schließt ein Werk in Südwales, in dem 1.700 Menschen arbeiten. Die Autoproduktion in Großbritannien bricht damit erheblich ein. 

2. Lagerkosten haben sich bereits erhöht

Die britische Autolobby-Gruppe Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT) hat berichtet, dass die britischen Autobauer zum Teil schon jetzt gegensteuern und sich entsprechend vorbereiten. So werden vor allem Probleme mit den Zulieferer-Ketten durch Verzögerungen an der Grenze befürchtet. Als Reaktion darauf erhöhen sich die Kosten für die Lagerung von Autoteilen, um auch künftig stets pünktlich liefern zu können. Schließlich werden sehr viele Autoteile in der EU gefertigt und zur Endmontage nach Großbritannien geliefert. 

3. Zölle könnten für weitere Abwanderungen von Autobauern sorgen

Sollte es tatsächlich zu höheren Zöllen auf Autoexporte in die EU kommen, könnte dies der britischen Autoindustrie den Todesstoß versetzen. Das Land führt sowieso schon 60% seiner Autoexporte in die EU aus. Zölle wirkten sich auch hier belastend die Preise aus und machten in Großbritannien gefertigte Fahrzeuge für EU-Käufer unattraktiv.  

Die oben genannten Zusammenhänge zeigen sehr eindrucksvoll, dass auch die britische Autoindustrie nicht an einem ungeregelten BREXIT interessiert sein kann. Dieser würde den dort ansässigen Autobauern einen empfindlichen Schlag versetzen und Autos für alle Beteiligten verteuern. Auch wenn die britische Regierung gegensteuert, ließen sich zumindest kurz- und mittelfristig die Einbußen nicht komplett abfedern.

Der ungeregelte BREXIT brächte nur Verlierer hervor

Ende Januar 2020 ist Großbritannien offiziell aus der EU ausgeschieden und hat den durch einen Volksentscheid beschlossenen BREXIT vollzogen. Zunächst bleibt für eine Übergangsfrist jedoch noch alles beim Alten. Innerhalb dieses Jahres muss es den Unterhändlern aus Großbritannien und der EU gelingen, ein nachfolgendes Handelsabkommen auszuhandeln. Passiert dies nicht, wären die Folgen wie die eines ungeregelten BREXITS. Dieser würde in Deutschland Schlüsselindustrien wie den Autobauern empfindlich schaden, da viele Autos auf die Insel exportiert werden und zudem Zuliefererketten vom problemfreien Grenzübertritt abhängen. Auch die britischen Autobauer hätten ohne ein Handelsabkommen stark zu kämpfen. Hier wird nämlich ebenfalls ein Großteil der produzierten Autos in die EU exportiert. Zusätzlich würden sich noch mehr ausländische Autobauer abwenden, da sie keine Zukunft mehr auf der Insel sehen. Die Begrenzung der Zulieferketten wären zudem ein weiterer Sargnagel für die dortigen Autohersteller. Es bleibt also zu hoffen, dass sich alle Beteiligten auf ein faires Abkommen einigen, welches die Wünsche beider Parteien bestmöglich berücksichtigt.